In Oamaru angekommen wollten wir auf eine Art Holiday Campground, wo wir zwar in unserem Auto schlafen, aber den Aufenthaltsraum, die Küche und die Dusche mitbenutzen können würden. Gegen 13:00 Uhr kamen wir am besagten Campground an, nur um zu sehen, dass einchecken erst in zwei Stunden möglich sei wird. Da das Wetter alles andere als gut war, blieben wir an der Rezeption sitzen. Nach 10 Minuten kam dann eine ältere Frau vorbei und fragte, ob sie uns helfen könne. Wir erklärten ihr unsere Situation, aber einchecken ginge trotzdem noch nicht, sagte sie, da sie noch sauber machen müsse. Das fanden wir zwar ein bisschen unflexibel, gerade da wir keine Zimmer belegen, sondern lediglich uns schon mal in den Aufenthaltsraum setzen wollten, aber so stand es ja immerhin auch auf dem Schild. Also haben wir uns wieder ins Auto gesetzt, und ich unternahm den Versuch, mir die Landschaft anzugucken. 15 Minuten später begann es zu allem Überfluss auch noch an zu regnen. Also zurück ins Auto und auf dem Parkplatz des Holidayparks gewartet. Nach ein paar Minuten klopft die Frau von der Rezeption an und meint, dass das so nicht abgemacht sei. Wir würden hier ja nur übernachten und nicht hier leben, weshalb wir doch bitte verschwinden sollen. Julian und ich guckten uns verdutzt und sagten nur:
„Ähm klar, kein Problem“.
Also das Handy rausgeholt und nachgeguckt, wo man denn als nä-
Da klopft sie schon wieder an… Was zum Teufel will sie denn jetzt schon wieder? Wir hatten ja nicht einmal genügend Zeit, um uns zu überlegen wo wir als nächsten hinwollen.
Zündung an, das Fenster fährt runter, und auf halben Weg nach unten beginnt sie schon an zu sprechen. Dieses mal mit deutlich mehr Nachdruck:
„Ich fühle mich extrem unwohl wenn ihr hier steht! Verschwindet. Jetzt!“
Okaaaay, da wollen wir nicht bleiben. Also runter vom Parkplatz, nach 300m an den linken Straßenrand und das Handy angeschmissen um zu gucken, wo man denn sonst für wenig Geld übernachten kann. Nirgends.
Naja gut, nach drei Wochen im Auto schlafen kann ja auch mal wieder in einem Backpacker Hostel übernachten. Wir suchten uns das billigste Hostel mit den besten Bewertungen heraus, auch wenn die Backpacker Hostels alle ungefähr gleich viel kosten.
Auf den ersten Blick sah das „Hostel“ wie ein umfunktioniertes privat Haus aus und wie sich herausstellte, war es das auch. Erst nach dem zweiten mal Klingeln öffnete die 65 jährige Besitzerin Agra die Tür, und ihr Erscheinungsbild schrie förmlich nach „Why the fuck did you wake me up?“. Ohne eine Begrüßung fragte sie uns ob einer von uns Felix sei. Nach unserem Nein folge die nächste Frage:
„Ihr wollt also auch ein Zimmer haben?“
Wir nickten nur stumm und fragten uns, wo wir denn jetzt schon wieder gelandet waren.
„Na gut, dann kommt schon rein“, sagte sie. „Wie alt seit ihr? Soo 25?“
„Nein, zwanzig.“
„Zwanzig? Niemals! Die beiden anderen Jungs hier sind zwanzig und sehen aus wie fucking 14“, sagte sie und deutete auf die in Hörweite sitzenden Backpacker, welche schmunzelten und uns begrüßten.
Während der Hausführung fuhr sie fort:
„Ihr habt in eurem Leben also noch nichts Spannendes erlebt? Bis auf beim Ecstasykauf auf dem Schulhof abgezogen zu worden?“
Wir begriffen mit jedem weiteren Satz, dass ihre schroffe Art nur oberflächlich ist oder einfach Teil ihres recht derben Humors ist.
Als wenig später drei weitere Backpacker ankamen, welche eine ähnlich herzliche Begrüßung erfuhren, beschloss Agra, uns in ihrem Auto durch die Stadt zu fahren, um uns alles Sehenswerte zu zeigen. Anfangs waren wir alle mit der Gastfreundlichkeit ein wenig überfordert, stiegen aber kurzerhand in das fünfsitzige Auto, in dem ihr Hund (ein Australien Sheppart) auch noch mitfahren wollte. So saßen dann drei Leute auf der Rückbank gequetscht und der Hund, welcher eindeutig kein Schoßhund ist, einfach irgendwo auf uns drauf. Nachdem Agra uns durch die viktorianische Altstadt fuhr, zeigte sie uns noch viele Plätze, an denen wir Pinguine bei Nacht sehen können.
Zurück im Haus genossen wir erst einmal das Internet und die Küche. Insbesondere den Toaster, da wir seit drei Wochen zum Frühstück nur ungetoastetes Toast mit Marmelade aßen.
Am Abend machten wir uns dann auf die Suche nach den Pinguinen und fanden tatsächlich ein paar. Von Agra erfuhren wir, dass es für Pinguine schon ein wenig zu spät im Jahr sei, da die meisten Jungtiere die Nester schon verlassen hatten. Aber immerhin konnten wir mit den Infos von Agra ein paar erspähen, ohne die teure Tour zu buchen.
Zwei Tage später gingen wir dann in die Steampunk Gallerie Oamarus. Ein besonderes Highlight war das „Infinity Portal“. Ein kleiner quadratischer Raum, welcher komplett verspiegelt war. Durch die Spiegel wurde eine optische Täuschung erschaffen, durch die der Raum endlos groß aussah. Mit den Lichtern und der Musik wurde der Raum dann zu einem besonderen Erlebnis.
In der Video-Galerie dieser Seite gibt es auch einen kleinen Film.
Nach der Steampunk Galerie gingen wir auf Empfehlung eines Zimmergenossens mit drei anderen Backpackern zu der Cheesefactory und genossen für drei Dollar pro Person 14 verschiedene Käsearten unter denen viele preisgekrönt waren. Ich muss wohl kaum erwähnen, welche Freude das für unsere Zungen war, mal wieder etwas richtig Gutes zu schmecken. Vor allen Dingen etwas, was weder Toast noch Pasta ist.
Nach zwei Nächten verabschiedeten wir uns dann von Oamaru und Agra, welche unseren Aufenthalt in ihrem Hostel mit 9,9 von 10 bewertete… keine Ahnung was wir falsch gemacht haben, dass wir nicht die vollen 10 Punkte bekommen haben.